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Heumotoren

Diesen Sommer war ich vermehrt auf den Alpweiden unterwegs, in der Funktion «Recherin». Dies ist eine aussterbende Spezies, da auch in der Bergwirtschaft die Motorisierung weiter voranrückt. Deren Einsatz konnte ich auf der «Leide Weid» miterleben.

Da Heuen immer draussen und immer bei schönem Wetter stattfindet, bin ich gerne mit von der Partie. Auf der Eu und im mittleren Münchenberg bin ich schon länger mit dabei. Neu sind dieses Jahr einige Matten von Noël, wie zum Beispiel die «leidi Weid». Diese ist zwar nicht unschön (leid) anzusehen, steil ist sie allemal. Laut Karte steigt die Weid auf 200 m Länge um 120 Höhenmeter. Deshalb kommen heutzutage Motoren zum Einsatz, wo früher Menschen tageweise daran gearbeitet haben.

Als erstes fahren wir richtung mittlere Kühboden wo wir auf halber Höhe zu Fuss zwei Lawinenzüge queren und dann oberhalb der gemähten Wiese ankommen. Da liegt sie nun in ganzer Pracht vor uns, die «leidi Weid». Wir sind zwei handbetriebene Recher und zwei motorisierte Heubläser. Die ersten paar Meter sind schnell bewältigt und schon kommen uns von unten zwei weitere Geschütze entgegen. Das Eine ist ein Handmäher, der statt einem Mähbalken lange gummi Gabeln montiert hat um das Heu zusammenzuführen. Das Andere könnte man mit Heupflug mit integriertem Bandrechen bezeichnen, oder Hill Rake für Insider.

Zum Rechen von Hand braucht es in diesem Gelände vorallem guten Halt, auf dem Heu rutsch man nämlich leicht aus. Die Heubläser treiben das Heu vor sich hin und haben dafür einen Motor aus dem Rücken. Die «Heupflüge» sind sehr leistungsstark und wendig, das Manövrieren in der ständigen Schräglage ist aber nicht zu unterschätzen. Bodenunebenheiten und grosse Last fordern alles von den Chauffeuren. Da sind mitunter Sepp-Zellweger-artige Kunststücke von Nöten um das Gewicht der Maschine so zu verlagern, dass die 27 PS wirkungsvoll genutzt werden können.

Unser Heubläser General kennt nur eine Lautstärke, Vollgas! Die Kommunikation findet sowieso mehrheitlich nonverbal statt. Jeder weiss; alles muss runter. Zwischendurch wird verschnauft und etwas getrunken, bevor es dem Heu wieder an den Kragen geht. Ich bin unter anderem sehr damit beschäftigt, den Maschinen nicht im Weg zu stehen. Sie holen innert kürzester Zeit das angehäufte Heu ab und stossen es auf einen Haufen.

Nach zwei Stunden effizienter Arbeit werden wir mit Wurstsalat und Getränken verpflegt. Gelegenheit sich über Heumengen, Wetter und frühere Heueten zu unterhalten. Nicht immer lief alles so reibungslos wie heute, wo «nur» ein heisser Motor dem Heu gefährlich nahekam.

Zum Dessert darf das Heu von den zwei Hektaren auf den Weg gestossen und in den Lüönd gegabelt werden. Drei Mal kann der der Chef zum Abladen ins Tal fahren. Sämtliche Arbeitsgeräte werden wieder eingesammelt und verladen. Dank den Motoren ist die Arbeit nach ein paar Stunden erledigt. Gleich bleibt, dass die «Leidi Weid» auch nächstes Jahr wieder steil sein wird!

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Kommentare: 2
  • #1

    Anne Kunz-Hänzi (Sonntag, 11 August 2024 12:08)

    Herzlichen Dank für die ausführliche Reportage.
    Ich bin jedes Jahr erneut zutiefst beeindruckt von der sehr riskanten Schwerstarbeit der Wildheuer während der grössten Sommerhitze.
    Die modernen, motorisierten Hilfsmittel erlauben wohl eine schnellere Erledigung der Arbeit, erfordern jedoch unheimlich viel Muskelraft und höchste Konzentration bei deren Führung. Dies kommt auf ihren Bildern speziell gut zum Ausdruck. Der Maschinenführer erbringt eine spitzensportliche Leistung.

  • #2

    Anne Kunz-Hänzi (Sonntag, 11 August 2024 12:15)

    Vielleicht ein interessanter geschichtlicher Link zum Thema Wildheuen in der Schweiz. Auch in fr und it verfügbar.

    Ich liebe die Schweizer Bergwelt und ihre Gärtner, die Bergbauern.

    https://houseofswitzerland.org/de/swissstories/geschichte/wildheuen-eine-faszinierende-schweizer-tradition

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