· 

Apfelregen

Obst gibt es dieses Jahr bekanntlich in Hülle und Fülle. So wurde mir dieses Jahr die Apfelernte eines ganzes Baumes angeboten. Dass die Bäume hier ergiebig Früchte tragen, ist eher eine Seltenheit und wenn es genug gibt, wird daraus meist Schnaps. Als gebürtige Thurgauerin die schon 20 Jahre im Greyerzerland lebt und auch die welschen Gepflogenheiten kennt, hatte ich aber eine andere Idee.

Kurz bevor mir die Äpfel angeboten wurden, erfuhr ich von der mobilen Mosterei die dieses in Cerniat Halt macht. Danach kamen noch ein paar Puzzleteile mehr zusammen und schliesslich rückte ich mit der 1. und 2. Klasse von Jaun am Donnerstagmorgen zum Äpfel auflesen aus. Die Früchte des Apfelbaums an der Passstrasse lagen schon grösstenteils im Gras. Trotzdem hat uns Noël eine Stange mit Hacken zum schütteln bereit gelegt und die Schüler waren sofort begeistert vom Apfelregen. Die «Tropfen» wurden fleissig eingesammelt und der bereitgestellte Anhänger war nach einer guten halben Stunde schon beinahe voll. Zu Fuss ging’s weiter auf die Eu wo auf der anderen Bachseite der nächste Baum von Martin und Christian auf uns wartete. Bei diesem herrlichen Panorama können ja nur gute Äpfel wachsen. Der Patron selbst verschwindet in der Baumkrone und die Kinder haben nun ihre Technik verbessert; sie stellen ihre Kessel unterdessen auf den Kopf damit die Äpfel direkt reinregnen und nicht auf die Nase fallen. Auch hier sind die Jutesäcke in einer halben Stunde gefüllt und die Reise geht weiter in die Praz Jean. Bevor die Lese auf flachem Terrain losgeht, packt Lilian Brot und Schokolade aus. Frisch gestärkt erfreuen sich die Aufleser auch hier des Apfelregens und füllen die Fässer auf dem Anhänger.

Am Freitagmorgen gilt es nun die Ernte nach Cerniat zu bringen. Auf dem Hof von Laeticia und Florian steht nämlich nur heute die mobile Mosterei (www.lepressoir.ch) die die Früchte vom Tal verarbeiten wird. Auch die ersten Jauner Schüler sind eingetroffen und helfen gleich mit, die Äpfel in kleinere Kisten umzufüllen und gleichzeitig Ästchen und faule Äpfel auszusortieren. Kaum läuft die Anlage, wird sie bestaunt, den trockenen Apfelrückstand dürfen die Kinder auch essen. Es sind noch nicht alle Äpfel ausgeladen, werden die Milchkannen mit Saft befüllt aus denen Später «Saase» werden soll. Es zeichnet sich ab, dass ich die Menge unterschätzt habe und die Reservekanne muss auch her. Der weitere Saft wird geklärt, pasteurisiert und in Bag-in-Box zu 3 und 5Liter abgefüllt. Auch ich kann wie die Schule nicht den ganzen Morgen bleiben und hole am späteren Nachmittag die restlichen 170 Liter Süssmost ab.

Den Samstag und Sonntag habe ich in der Berghütte verbracht wo das ausgeliehene Kupferchessi über dem Holzfeuer aufgehängt werden konnte. Während gut 24 Stunden habe ich Holz nachgelegt und Apfelsaft nachgefüllt bis aus den 220 Litern noch rund 22 Liter «Saase» übrigblieb. «Saase» oder «vin cuit» auf französisch, ist also eingekochter Apfel- und/oder Birnensaft und wird im Greyerzerland für verschiedene kulinarische Spezialitäten wie «Mussarda» oder «Tarte au vin cuit» verwendet.

Der abgefüllte Süssmost ist übrigens sehr bekömmlich, nicht ganz so süss wie die Thurgauer Variante aber angenehm erfrischend. Die Famlienjury zieht ihn jedenfalls vor und die Jauner Eltern dürfen ihn in Kürze in der Schule kaufen.

So wurde aus dem Apfelregen ein Apfelsegen names Jauner Süssmost, eine Seltenheit!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0

partner: