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Schule Jaun: der Anwalt des Lehrer kritisiert kantonale Schulbehörde

Dorfansicht von Jaun mit dem Schulhaus (links) und der Pfarrkirche (rechts). Foto: FN / Aldo Ellena, Jaun, 03.07.2022 Quelle: Aldo Ellena (Archivbild)
Dorfansicht von Jaun mit dem Schulhaus (links) und der Pfarrkirche (rechts). Foto: FN / Aldo Ellena, Jaun, 03.07.2022 Quelle: Aldo Ellena (Archivbild)

Artikel der Freiburger Nachrichten

 

Der Kanton hat ein Mobbingverfahren gegen den Lehrer von Jaun eingeleitet. Dieser wehrt sich mit einer Beschwerde ans Kantonsgericht. Sein Anwalt kritisiert die kantonalen Schulbehörden.

Imelda Ruffieux

Publiziert:  04.09.2025, 17:03 Uhr

 


Suspendiert, wieder ins Amt gesetzt und wieder suspendiert: Der Fall des Lehrers an der Schule Jaun wirft immer mehr Wellen. «Schreiben Sie endlich, worum es geht», so ein Kommentar unter dem letzten Artikel, der am Montag zu diesem Thema publiziert wurde. Diesen Wunsch zu erfüllen, war bis jetzt schwierig, weil von verschiedener Seite immer nur unbestätigte Bruchstücke der Vorfälle im letzten Schuljahr bekannt wurden, weil die Behörden sich mit dem Hinweis auf ein laufendes Verfahren bedeckt hielten, und weil die betroffenen Lehrpersonen das Recht auf Persönlichkeitsschutz haben.

 

"Das DOA hat meinen Klienten damals aus dem Blauen heraus suspendiert." 
Elmar Wohlhauser, Anwalt des suspendierten Lehrers

 

Klar ist heute, dass der betroffene Lehrer sicher nicht eine solche Entwicklung im Sinn hatte, als er vor einiger Zeit einen Impuls gab, etwas an der Schulstruktur von Jaun zu ändern. Als Lehrer prägte er seit 30 Jahren den Unterricht im Bergdorf und wollte sicherstellen, dass die Dorfschule auch mittelfristig eine Zukunft hat. Denn die Primarschule Jaun zählt derzeit 38 Schülerinnen und Schüler, die auf vier doppelstufige Klassen verteilt sind. Es ist damit die kleinste Schule des Kantons. Der Lehrer schlug deshalb vor, die Verantwortung für die Schulleitung an eine jüngere Lehrperson abzugeben, um die Kontinuität zu sichern. Dies wurde in der Folge auch umgesetzt, sodass die Schule Jaun auf das letzte Schuljahr hin eine neue Leitung bekam. Soweit so gut.

 

Zwei Fronten

Was dann geschah, ist nicht immer leicht nachzuvollziehen. Je nach Sicht auf die Dinge gibt es unterschiedliche Wahrnehmungen und Meinungen – einige davon sind der Redaktion bruchstückhaft zugetragen worden, ohne dass es von offizieller Seite eine Bestätigung gab. Sie ergeben folgendes Bild: Die neue Schulleitung hat die Dinge offenbar anders gehandhabt als die alte und es war wohl nicht für das ganze Team einfach zu akzeptieren, dass bisherige Abläufe im eingespielten Team neu aufgegleist wurden. Zudem sei, gemäss gewisser Quellen, lieber der alte Schulleiter zu Rate gezogen worden, wenn Sachen unklar waren. Es entstanden – auch dies ist eine nicht bis ins Detail belegte Schlussfolgerung – zwei Lager an der Schule: Die einen unterstützten die neue Schulleitung, die anderen wünschten sich die alte zurück.

 

"Die Eröffnung des Mobbingverfahrens ist unerlässlich, um zur Sachlichkeit und einem konstruktiven Miteinander zurückzufinden." 
Direktion für Bildung und kulturelle Angelegenheiten

 

Kanton schaltet sich ein

Die Angelegenheit artete in dem Sinn aus, dass die Schulinspektorin und das Amt für den deutschsprachigen Unterricht (DOA) eingriffen und der Gemeinderat von Jaun mit einem Brief an den Kanton die Entlassung des Lehrers forderte. Die kantonalen Schulbehörden identifizierten den langjährigen Lehrer als vermeintlichen Störenfried und suspendierten ihn. Ende November 2024 wurde die Sache zum Thema an der Gemeindeversammlung. «Das DOA hat meinen Klienten damals aus dem Blauen heraus suspendiert», sagt Elmar Wohlhauser, Anwalt des Lehrers, der auf Anfrage erstmals Stellung zum Fall nimmt. «Das Amt hat dann aber rasch festgestellt, dass die Vorwürfe gegen den Lehrer nicht schlüssig sind und ist in Folge einer Beschwerde ans Kantonsgericht zurückgekrebst.»

Konkret heisst dies, dass der Lehrer seine Tätigkeit an der Schule wieder aufnehmen durfte. In der kurz vor Weihnachten 2024 verschickten gemeinsamen Medienmitteilung der kantonalen Schulbehörden und des Anwalts sprachen diese dem gesamten Schulteam und der Leitung der Primarschule Jaun das umfassende Vertrauen aus.

 

"Das ist juristischer Irrsinn! "
Elmar Wohlhauser, Anwalt des suspendierten Lehrers

 

Neuer Start im neuen Jahr

Alles gut also? Tatsächlich hat sich die Lage ab Anfang 2025 beruhigt. Das Lehrteam hat sich zusammengesetzt, die Differenzen so weit als möglich bereinigt und die Weichen gesetzt, um das Schuljahr gut zu Ende zu bringen, was auch gelungen ist. Die neue Schulleiterin sowie eine Lehrerin sind im neuen Jahr allerdings nicht mehr in den Dienst zurückgekehrt, sie waren krankgeschrieben.

Auch im Hinblick auf das Schuljahr 2025/2026 sah auf den ersten Blick alles gut aus. Die Schule erhielt ab Januar 2025 einen neuen Schulleiter, und dem einst suspendierten Lehrer wurde nicht nur die bisherige Stufe 7H/8H anvertraut. Vielmehr informierte das Amt die Eltern anlässlich eines Informationsabends zum neuen Schuljahr, dass ihm auch Stunden auf Stufe 3H/4H zugeteilt wurden. Zudem übertrug ihm das DOA die pädagogische Verantwortung für die Ausbildung von Praktikantinnen und Praktikanten.

 

"Es ist schwierig, Lehrkräfte zu finden, die bereit sind, an der Schule Jaun zu unterrichten. "
Direktion für Bildung und kulturelle Angelegenheiten

 

Beschwerde ans Kantonsgericht

Doch dann die Überraschung: Zu Beginn des Schuljahres wird dieser Lehrer wieder suspendiert (wir berichteten). «Ein Riesenschwenker», sagt Elmar Wohlhauser. «Mit genau der gleichen Argumentation wie beim ersten Mal begründet das Amt die erneute Suspendierung meines Klienten. Das ist völlig unverständlich. Und das Endresultat ist für die Schule eine Katastrophe, denn in den letzten Monaten hat der Schulbetrieb gut funktioniert, und im Lehrerteam gab es einen starken Zusammenhalt. Das wird nun aufs Spiel gesetzt.»

Der suspendierte Lehrer wehrt sich mit einer Beschwerde ans Kantonsgericht gegen diese Massnahme. Elmar Wohlhauser ist überzeugt, dass die Chancen für einen Entscheid zu Gunsten seines Klienten gut sind, denn es seien keine neuen Vorwürfe im Suspendierungsschreiben genannt worden.

 

Harsche Kritik

Das Vorgehen des Amts werfe viele Fragen auf, so der Anwalt. «Warum stärkt man dem Lehrer den Rücken, überträgt ihm zusätzliche Aufgaben, um ihn dann wieder mit alten, entkräfteten Vorwürfen aus dem Dienst zu entheben? Das ist juristischer Irrsinn!» Er stellt sich auch die Frage, warum am Infoanlass im Juni das Lehrerteam nicht anwesend war. «Alle haben sich auf den Start des neuen Schuljahres gefreut, die Eltern, die Kinder, das Lehrerteam – und jetzt die Katastrophe, noch mehr Lehrpersonen fehlen an der Schule.» Es verwundere angesichts des Verhaltens des Amts als Arbeitgeber nicht, dass die Schule Jaun Mühe habe, offene Lehrerstellen zu besetzen. Der Anwalt wirft dem Amt vor, mehrfach seiner Fürsorgepflicht nicht nachgekommen zu sein, und sieht ein Führungsproblem: «Der Fisch stinkt vom Kopf herab!»

 

Stellungnahme: Direktion eröffnete ein Mobbingverfahren gegen den Lehrer

Die Vorwürfe des Anwalts des suspendierten Lehrers an die Adresse der kantonalen Schulbehörden sind happig. Damit konfrontiert teilt die Direktion für Bildung und kulturelle Angelegenheiten (BKAD) auf schriftlichem Weg mit, dass sie am 20. August entschieden hat, ein formelles Mobbingverfahren gemäss den Bestimmungen des Gesetzes über das Staatspersonal und die Verordnung über Mobbing, sexuelle Belästigung und zwischenmenschliche Schwierigkeiten am Arbeitsplatz betreffend der Situation an der Primarschule im Schuljahr 2024/2025 zu eröffnen. Dies geschehe durch einen externen Anwalt. Zum Entscheid gehörte auch, eine Lehrperson der Primarschule Jaun bis zum Vorliegen der Ergebnisse vorläufig zu suspendieren. «Damit nimmt die BKAD ihre Fürsorgepflicht für alle an der Primarschule tätigen Lehr- und Fachpersonen wahr», schreibt die Medienstelle der Direktion. Und weiter: Die betroffene Lehrperson habe die Eröffnung eines offiziellen Mobbingverfahrens begrüsst. Die Situation könne dadurch geklärt werden. «Dieser Schritt ist unerlässlich, um zur Sachlichkeit und einem konstruktiven Miteinander zurückzufinden.» Weitere Informationen zu dieser Angelegenheit gebe die Direktion aus Datenschutzgründen nicht bekannt.

Die Direktion bedauere die Äusserungen des Anwalts, sei jedoch nicht besonders überrascht darüber. Mit dem Hinweis auf das laufende Verfahren nimmt sie nicht weiter Stellung zur Situation. Sie behalte sich ihre Argumente für das Kantonsgericht vor, heisst es in der Antwort.

Auf die Frage, warum dem Lehrer mehr Verantwortung übertragen worden sei, um ihn dann doch wieder zu suspendieren, antwortet die Direktion: «Die Unterrichtsorganisation des zukünftigen Schuljahres erfolgt und steht im Prinzip bis Ende April des laufenden Schuljahres unter Berücksichtigung der Möglichkeit für Lehrpersonen kantonsinterne Schulwechsel vorzunehmen, kann sich jedoch bis kurz vor Schulbeginn hinziehen.» Der Unterricht der vier Klassen an der Primarschule Jaun sei seit Schuljahresbeginn sichergestellt, aber die Situation insgesamt sei äusserst problematisch. «Es ist schwierig, Lehrkräfte zu finden, die bereit sind, an der Schule Jaun zu unterrichten, insbesondere weil die Schwierigkeiten innerhalb des Lehrerteams während dem Schuljahr 2024/25 sowie Elterninterventionen in den Medien thematisiert wurden.» Und zum Vorwurf des Anwalts, die Sorgfaltspflicht verletzt zu haben, schreibt die Direktion: «Die für die Situation zuständigen Ämter erfüllen ihre Pflicht gemäss gesetzlichen und reglementarischen Bestimmungen.»

 

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